Veracruz – willkommen im „Land“ des Lächelns
Mein Besuch in Veracruz liegt schon etwas zurück – um genau zu sein in den Osterfeiertagen im März 2016. Trotzdem möchte ich rückblickend einen kleinen Einblick geben, denn meine 4 Tage in diesem Bundesstaat an der Ostküste von Mexiko haben sich auf jeden Fall gelohnt!
Meine kleine Reise startete in Mexiko-Stadt und alles in Allem habe ich auch nur knapp 900- 1000 km zurückgelegt. Doch aufgrund der gebirgigen Lage mit starken Höhenunterschieden sowie mittelmäßigen Straßen, habe ich in den wenigen Tagen recht viel Zeit in Bussen verbracht. Ich glaube für die selbe Route, sollte man lieber mind. 1-2 Tage mehr einplanen, sofern man die Zeit hat. Hinzu kam natürlich der nicht zu unterschätzende Osterverkehr – der mich die 1,5 Stunden von Cardel (Umstiegspunkt um zu den Dünen Chachalacas zu kommen ) nach Xalapa in 3,5 Stunden hat zurücklegen lassen!!!
Alles in allem hat mir Veracruz am Golf von Mexiko super gefallen. Die Region hat – wie ich finde – einen kleinen Touch von Kuba, was mir einige Mexikaner schon vor der Reise erzählt hatten & meine Neugierde geweckt hat. Touristen habe ich über die Feiertage fast ausschließlich aus Mexiko getroffen. Die Menschen in Veracruz erschienen mir äußerst freundlich, hilfsbereit, neugierig und vor allem gut gelaunt. Ein absolutes Plus gibt’s daher für die Laune. Das liegt wahrscheinlich an der entspannten Atmosphäre und dem guten Wetter in Veracruz : )
Mein erster Stopp aus Mexiko-Stadt kommend, führte mich nach Poza Rica, einer recht häßlichen Industriestadt, wo ich den Friedhof als einziges Highlight empfand. Leider hab‘ ich ihn nur beim Vorbeifahren gesehen, doch auf einem grünen Hügel gelegen, haben die Verstorbenen richtig kleine Paläste und Häuschen in weiß, grau, rosa oder beige als Denkmal gesetzt bekommen. Es wirkte beinahe so, als dass die häßlichen staubigen Flachbauten in Poza Rica nicht prächtiger sein konnten, weil alles Vermögen für die kleinen Friedhofspaläste genutzt wurde!!
Von Poza Rica ging’s im Bus weiter nach El Tajín, hindurch durch grüne saftige hügelig-bergige Landschaften mit Bananenstauden.
El Tajín ist eine alte prähispanische Ruinenstadt, die der Veracruz Zivilisation zuzuschreiben ist und später den Totonaken. El Tajín wurde im Jahr 1785 offiziell „entdeckt“, doch erste archäologische Freilegungen erfolgten erst im Jahr 1943. Besonders populär ist die „Nischenpyramide“, die die astronomische und symbolische Bedeutung dieser Anlage widerspiegelt. Es gibt sagenhafte 365 Nischen!
Die Totonaken liebten das Ballspiel, sowohl als Spiel als auch als Ritual. So gab’s auch hier wie bei fast allen Anderen dieser präkolumbischen mesomaerikanischen Hochkulturen Opfergaben. Das mag unsereins heute erschrecken, war zur damaligen Zeit aber völlig normal. Denn der Opferkult stand im Zentrum der Religion und diente u.a. dafür die Götter ruhig zu stellen. Wollte man die Götter also gnädig stimmen und bspw. um Regen bitten, so musste man eben einige Opfer erbringen. So zeigt ein Wandbild am Ballspielplatz in El Tajín z.B. die Nachstellung einer Ballspielszene, in der 2 der 3 Spieler am Ende des Turniers den 3. Spieler mit einem Messer erdolchen und den Göttern opfern.
Fazit: Wenig sportlicher Teamgeist, viel Opferkult!!!
Bekannt ist die Veracruz-Region auch wegen ihrer voladores (dt.: „Flieger“), einer alten Tradition, die vermutlich der Fruchtbarkeit gewidmet ist. Hier klettern 4-5 der Flieger auf einen Mast an Seilen empor, um sich bei Trommelschlägen des 5. Mannes langsam von den Seilen zu lösen, kopfüber fallen zu lassen und im Kreis zu fliegen!
Das sah mir persönlich auf jeden Fall nach mehr Spaß als die Ballspieltradition aus : )
Von El Tajin ging’s weiter nach Papantla, einem Städtchen mit dörflichem Ambiente. Rund um Papantla wird Vanille angebaut und verkauft. Zudem grünt es überall. Papantlas Zentrum liegt auf einem Hügel mit einer hübschen Kirche, einem gemütlichen zentralem Platz, wo wieder mal ein wahrhaftiger Schlemmertempel lockt(e). Es wimmelte nur voller leckerer „Fressbuden“ mit „Mais am Stiel“, Quesadillas und Pfannkuchen mit Karamellfüllung. Hübsch anzusehen ist auch die kleine alte Markthalle und das auf der Bergspitze stehende überdimensionale Volador-Denkmal.
Der Besuch in Papantla faszinierte mich über die Feiertage besonders. Es hatte einen mittelalterlichen Flair (wie in den meisten mexikanischen Kleinstädten und magischen Dörfern zu dieser Zeit auch) – überall gab es Oster-Zeremonien, öffentliche biblische Vorstellungen und kostümierte Reiter. Das Ganze wirkte idyllisch, sehr familiär, so dass ich ganze zwei Nächte blieb.
Von den zwei Tag ging’s einen an den Küstenurlaubsort Tecolutla. Hier verbrachten über die Feiertage zu 99% mexikanische Familien der Mittelschicht ihren Urlaub. Ich hab´ keinen weiteren nicht-mexikanischen Tourist erspähen können und wurde auch so behandelt als wenn ich der Einzige wäre, den sie dort jemals gesehen hätten! Das meine ich aber im positiven Sinne, denn im Fazit habe ich auf meinem 4-tägigen Veracruz-Besuch die freundlichsten Mexikaner geroffen, die mir je begegnet sind.
Nichtsdestotrotz muss man sagen, dass die Strände in dieser Region nicht atemberaubend schön sind wie z.B. auf der Yucatan Halbinsel, sagen wir mal der Isla Mujeres oder Tulum. Das Wasser ist nicht klar, sondern eher gräulich und der Sand in Tecolutla braun. Ich fand´s trotzdem sehr nett in Tecolutla und vor allem interessant die Mexikaner beim „Urlauben“ zu beobachten. Ich habe noch nie in meinem Leben einen so überfüllten (!!!) Strand gesehen wie an diesem Ort (leider werden die Fotos der Realität nicht annähernd gerecht)! Benidorm oder die Massenaufläufe in Bangladesch wären hier vielleicht ein passender Vergleich!!!
Tausende Familien quetschen sich hier über Ostern unter Schirme mit Tischen, picknicken oder „sardinieren“ im Meer! Zudem wimmelt es nur so von Mango, Kokos und Piña Colada-Verkäufern!!!! Ich konnte diesem Überangebot an Leckereien leider nicht widerstehen und habe mir alles reingehauen, was ich finden konnte. Am meisten angetan haben es mir die handgemachten knusprigen Ofen-Kokos-Kekse und Kokos-Guave-Ananas Kekse. YUMMY!
Am nächsten Tag ging’s weiter nach Chachalacas. Der Strand hier bot eine ähnliche Szenerie wie der in Tecolutla, einziger Unterschied waren die wunderschönen Dünen. Da der eher „dicke Durchschnittsmexikaner“ diese erfahrungsgemäß selten hoch läuft, hatte ich hier ein wenig Ruhe vor dem mexikanischem Familienmob. Das allerdings nur immer solange, bis ich aufpassen musste nicht von einem der Dünen-Jeeps überfahren zu werden, in denen dann schlußendlich die Mexikaner durch die Dünen düsten : )
Von Chachalacas ging’s spät am Abend mit dem Bus weiter nach Xalapa. Ich wollte um 20 Uhr da sein, es wurde aber wegen des Osterverkehrs erst 23 Uhr. Also gönnte ich mir eine Taxe! Die ersten Worte des Taxifahrers waren jedoch unerfreulich: „Was machst du bloß hier? Hier kann man nichts machen, hier gibt es nix.“ Das war natürlich nicht motivierend. Aber dann stellte sich heraus, dass der gute Herr aus dem wunderschönen, sehr traditionellem Oaxaca (das steht auch noch auf meiner Reiseliste!) kommt. Er erzählte mir, dass er gezwungenermaßen wegen seiner Frau in Xalapa leben musste. Mein Fazit: Die Stadt gefällt ihm aus Prinzip schon nicht!
Ich wurde zum Glück eines besseren belehrt!!
Die rund 425.000 Einwohner beherbergende Provinzhauptstadt hat mir sehr gut gefallen. Xalapa hat eine hübsche Kathedrale, beherbergt den Provinz- und lokalen Regierungssitz und das wohl beste anthropologische Museum Mexikos mit Olmeken-Köpfen (verflixt, denn das Museum musste ich leider aus Zeitgründen auslassen). Ansonsten ist die Stadt eine entspannte Universitätsstadt – gemütlich und atmosphärisch. Wer aus dem trubeligen Mexiko-Stadt kommt, genießt diese kleine Oase gern.
Die Stadt ist durch die hügelige Lage sehr grün, mit Top-Aussicht auf die umliegenden Berge (Kaffee-Anbaugebiet) und auch im Stadtzentrum findet man überall grüne Parkanlagen um Seen, tolle Kaffeehäuser und hübsche Häuschen und Gassen. Ich bin mit dem El Piojito, einer alten Straßenbahn, die gemütliche Stadtfahrten im Schritttempo bietet, durch Xalapa gefahren. Diese alte Straßenbahn heißt im Übrigen „Läuschen“, weil in vergangenen Zeiten die meisten Besucher mit Läusen nach Hause kamen, nachdem sie diese Tram verließen. Der Piojito passt jedenfalls perfekt nach Xalapa, in diese kleine feine Stadt.
Von Xalapa ging’s dann schließlich am 4. Tag die rund 300 Kilometer zurück nach Mexiko City. Geplant waren 5,5 Stunden, doch dank des Osterverkehrs wurden es schließlich 6,5 Stunden. Es war viel Fahrerei in der kurzen Zeit, aber wer einen Kurztripp von der Hauptstadt aus plant oder einfach das Mexiko fernab der sehr typischen Reiserouten kennenlernen möchte, dem empfehle ich einen Besuch in Veracruz. Für mich ist Veracruz der mexikanische „Bundesstaat des Lächelns“.
Als kleiner Tipp am Rande – unbedingt 2 Tage mehr einplanen und noch die gleichnamige Stadt „Veracruz“ (auch Puerto de Veracruz) mit dem wichtigsten Atlantikhafen besuchen.
… ja, eine tolle, weil abwechslungsreiche Strecke hast du dir da ausgesucht. Xalapa ist nicht nur die Hauptstadt des Bundesstaates Veracruz, die Region ist auch Heimat-/Ursprungsort der scharfen Chilischote „Jalapeño“. Ich liebe sie 🙂
Zur Semana Santa quillt die gesamte mexikanische Küste über – mich wunderte stets, dass das Hochland trotzdem nicht gänzlich entvölkert war.
Hallo Antje! Danke für deinen schönen Bericht. Du bist eine der wenigen, die in Veracruz waren und auch etwas darüber geschrieben hat. Im Sommer geht es für mich auch nach Veracruz u.a. in die gleichnamige Stadt und El Tajin. Viele Grüße, Martina
Hallo Martina, lieben Dank fürs Vorbeischauen und deine Worte. Gute Wahl! Ich bin sowieso ein großer Mexiko-Fan, aber Veracruz ist wirklich besonders, weil es nicht die großen Touristenmassen anzieht, sondern vielmehr einheimische Reisende. Mir hats super gefallen und kann es nur weiterempfehlen. Viele Grüße, Antje