Stets wenn wir uns auf Reisen begeben oder ich mit Reisenden spreche, dann fällt das Wort „authentisch“. Ein Jeder möchte einen Ort bereisen oder „entdecken“, der nicht den Anschein erweckt, als würden ihn tagtäglich unzählige Touristenscharen beglücken, ein Ort, der fernab der kommerziellen Reiserouten liegt und wo nicht bereits dutzende Händler Schlange stehen, um einem alles oder nichts zu verkaufen. Aber authentisch, was besagt das eigentlich genau?
Dem Duden folgend steht „authentisch“ für echt, den Tatsachen entsprechend, für etwas glaubwürdiges. Bedeutet „authentisch“ also für jene Reisenden, die auf der Suche danach sind, etwas natürlich unberührtes, unverfälschtes vorzufinden? Oder bedeutet „authentisch“ einfach nur, dass es genau dieses und jenes beinhaltet, was ein jeder von uns sich in seiner ganz persönlichen Vorstellungskraft und Fantasie von einem bestimmten Fleckchen Erde in unserer weiten Welt erhofft?
Ich lasse einen jeden Leser seine eigene Antwort auf diese Frage finden : )
Authentisches Inselparadies
Auf meiner Reise durch Australien habe ich für mich einen Ort gefunden, der meinem Verständnis von „authentisch“ recht nahe kommt. Australiens drittgrößte Insel: Kangaroo Island.
Und ja – sie ist groß! 155 Kilometer lang – von Ost nach West – und bis zu 55 Kilometer breit – von Nord nach Süd – erstreckt sich ein wahres Paradies für Naturliebhaber.
Ein Drittel der Inselvegetation sind komplett unberührt und der Tourismus zwar in vollem Ausbau, doch zur Zeit noch gut verteilt. Gut verteilt vielleicht auch deswegen, weil die Känguru-Insel einiges zu bieten hat, was die unglaubliche Flora und Fauna, Landschaft, aber auch die ökologische Landwirtschaft betrifft. So befinden sich in dem 1919 gegründeten Flinders Chase National Park auf der Insel die einzigartigen und bizarren Felsen Remarkable Rocks sowie eine Kolonie von Seebären am beeindruckenden Felsbogen Admirals Arch. Neben den Seebären leben auf der Insel auch Kolonien von Seelöwen, der Eukalyptuswald ist das zu Hause der vom Aussterben bedrohten Koalas, Schnabeligel, Greifvögel und natürlich unzähliger Kängurus. Diesen verdankt die Insel im Übrigen auch ihren Namen. Denn als europäische Seefahrer um den englischen Forschungsreisenden Matthew Flinders die Insel 1802 „entdeckten“ und sich wenig später weitere Männer auf der Insel niederließen, hieß es, dass es über lange Zeit kein menschliches Leben an diesem Ort gegeben haben musste; Schließlich konnten die Männer auf der Insel die Kängurus mit bloßen Händen jagen und töten! So wenig Misstrauen hatten die Tiere zur damaligen Zeit gegenüber dem Menschen. Der großen Anzahl und Zutraulichkeit dieser Beuteltiere entsprang schließlich auch die Namensgebung der Insel.
Welche Grausamkeiten sich in den ersten Jahren nach der europäischen Besiedlung auf Kangaroo Island abspielten, möchte ich an dieser Stelle nicht weiter ausmalen. So ließen sich in den folgenden Jahren knallharte Wal- und Robbenfänger auf der Insel nieder, über die gesagt wird, dass sie über lange Zeit Frauen der Aborigines aus Australiens größter Insel Tasmanien entführten und sie sich gewaltsam zu eigen machten!
Doch auch heute noch wird ein jeder Besucher der Känguru-Insel mit der harten Realität und Natur dieses hübschen Fleckchen Erde konfrontiert, – zumindest was die Wildnis und das ansonsten friedliche Zusammenleben mit den Menschen betrifft. Wer sich die Zeit nimmt einige Stunden am Robben-Strand zu verbringen, kann schnell Zeuge dessen werden, dass junge Robbenbullen mit alleingelassenen Jungtieren nicht immer bilderbuchmäßig umgehen. Auch wer auf der Insel nach Sonnenaufgang unterwegs ist, kann schnell unfreiwillig Zeuge eines „Roadkill“ werden, einer von den vielen, die sich am Vorabend und in den frühen Morgenstunden auf der Insel ereignet haben. Das Verkehrsaufkommen auf Kangaroo Island mit seinen rund 4.500 Bewohnern und jährlich 160.000 Besuchern ist zwar sehr gering, doch das Wildaufkommen derartig hoch, dass das Autofahren bereits mit Sonnenuntergang ein riskantes Unterfangen für Mensch und Tier darstellt. Doch auf Kangaroo Island gehören die überfahrenen Wildtiere zur akzeptierten Realität, der mit einer ordentlichen Portion Pragmatismus begegnet wird. Am besten wird das wohl anhand des Kochbuch „Roadkill Recipes“ klar, was es auf der Insel zu kaufen gibt.
Einen Tag Inselwildnis erleben
Mein Besuch der Känguru-Insel startete an einem frühen Morgen im herbstlichen Südaustralien als ich mich zur Busstation von Adelaide aufmachte und die 112 Kilometer Richtung Südwesten in den kleinen Küstenort Cape Jervis fahren ließ. Von dort ging es weiter mit der SeaLink-Fähre nach Penneshaw, dem größten Hafen auf der Känguru-Insel, wo mich auch schon der Tourbus erwartete. Für mich ziemliches Neuland, da ich normalerweise auf eigener Faust unterwegs bin. Doch ohne Auto, mit nur einem vollen Tag Zeit im Gepäck und bei einer Inselgröße von rund 4405km², hat sich meine Entscheidung für eine Tagestour von SeaLink gelohnt. Die rund 283AU$ für die Tour beinhalten die Hauptsehenswürdigkeiten Kangaroo Islands, die auf der gesamten Insel verteilt liegen, einen sehr guten Lunch, die Fähren-Überfahrten sowie die Hin-und Rückfahrt nach Adelaide, inklusive eines waschechten Insulaner-Guide. Ein Besuch Kangaroo Islands ist keineswegs günstig, doch wer auf der Suche nach einem Stückchen wildem Inselparadies fernab des Massentourismus ist, für den lohnt die Investition allemal. Dies könnte sich allerdings bald ändern. Denn während das Fähren-Monopol momentan bei SeaLink liegt und der kleine Kingscote Flughafen bisher nur aus Adelaide angeflogen wird, soll Kangaroo Island in absehbarer Zeit auch aus anderen Städten Australiens angeflogen werden. So plant z.B. Qantas ab Dezember mehrere Flüge ab Melbourne. Die Insel rüstet ihre Kapazitäten bereits auf.
Meine Kangaroo Island Experience-Tour ließ mich die Wildtiere auf Kangaroo Island hautnah in ihrem natürlichen Lebensraum erleben, das Ganze in atemberaubender und einmaliger Kulisse. Der erste Stopp unserer Route war der Seal Bay Conservation Park im Süden der Insel, an dem eine rund 1000 Tiere beinhaltende Kolonie Australischer Seelöwen lebt. Diese faszinierenden Tiere gehören zu einer der seltensten Spezies der Welt und wurden im 19. Jahrhundert fast bis zum Artensterben gejagt. Heute wird die gesamte Population auf rund 14.700 Tiere geschätzt, wovon 85% in Südaustralien leben. Mit einer Naturschutz-Expertin des Nationalparks näherten wir uns der wilden Kolonie, stets mit ausreichend Abstand die Tiere nicht zu stören und trotzdem nah genug, um uns als Teil dieses bemerkenswerten Schauspiels zu fühlen. Einige sehr junge Seelöwenbullen neckten sich und ein Kleines entschied sich lautstark bellend, auf der Suche nach „Mama Seelöwin“ zu unserer Gruppe rüber zu robben. Den mahnenden Worten unserer Rangerin folgend, bewegten wir uns nicht während der kleine Seelöwe vor unserer Nase im wahrsten Sinne des Wortes eine Show abzog, die von Knopfaugenzwinkern über den wohl unbewussten Flossengruß bis zu einem vergnügt „sich im Sand rollenden“-Nickerchen alles einschloss.
Der zweite Stopp führte uns in den Westen der Insel in das Hanson Bay Wildlife Sanctuary. Wir schlenderten durch den Eukalyptuswald, um hoch auf den Bäumen die schlafenden Koalas zu sehen. Doch bei durchschnittlichen 20 Stunden Schlaf und 4 aktiven „Fress- und Fortpflanzungsstunden“, die vorzugsweise in die Nacht fallen, war ich nicht enttäuscht über die Ansammlung sich nicht rührender, ratzender Koalas. Vielmehr war ich entzückt, dass wir ein Echidna zu sehen bekamen. Der australische Ameisenigel, aufgrund seines langen Schnabels auch als Schnabeligel bekannt, gehört zur Familie der eierlegenden Säugetiere, was ihn recht einzigartig macht! Umzingelt von ein paar Touristen, ließ sich Mr. Echidna auch nicht stören, sondern wühlte sich vergnügt seinen Weg bis vor meine Füße. Als von Menschen eingeschüchtert kann man die Wildtiere auf Kangaroo Island glücklicherweise nicht bezeichnen und so verließ ich blitzartig die Buddellinie vom Schnabeligel!
Weiter ging unsere Fahrt durch die raue Wildnis des 1919 zum Nationalpark erklärten Flinders Chase National Park. Ein Großteil des Parks ist Mallee-Gebüsch, eine australische Vegetationsform, die aus zwei bis zehn Meter hohen Eukalyptus-Sträuchern besteht. Ein bedeutender Teil der Buschlandschaft samt ihrer heimischen Tierwelt wurde im Jahr 2007 durch gravierende Buschfeuer zerstört, doch der Nationalpark macht stetige Fortschritte in der Wiederherstellung der Flora und Fauna. Die Höhepunkte des Flinders Chase National Park sind die bizarren Felsen der Remarkable Rocks sowie der Felsbogen Admirals Arch. Diese beeindruckenden Granit-Felsblöcke wurden über Jahrtausende von den Kräften des Wetters sowie des Meeres geformt, wobei sich die faszinierenden Remarkable Rocks auf einer Granitkuppel angesammelt haben, die hoch aus dem Meer empor ragt. Die gold-orangene Flechte auf den Felsbrocken und die beeindruckende Gestalt der Steine in Form von Rundungen und felsigen Sitzbänken, katapultieren Remarkable Rocks wohl zu einer der meistfotografierten Sehenswürdigkeiten der Känguru-Insel.
Nicht weniger imposant fand ich den Felsbogen Admirals Arch mit seinen hängenden Tropfsteinen, den wir erreichten als die Sonne gerade dabei war langsam das Meer zu küssen und die Brandung wütend in der Ferne tobte. Wäre der Gestank der Kolonie Neuseeländischer Seebären, die auf einem Felsvorsprung im Schutz des Admirals Arch leben, nicht derart penetrant gewesen, hätte ich mir keinen romantischeren Ort ausmalen können. Doch wer ein wenig Zeit damit verbringt den dunkelbraunen Seebärjungen beim vergnügten Spiel in den Felsbecken zuzuschauen, vergisst schnell den tierischen Geruch.
Mir fiel es schwer mich von dieser Kulisse zu trennen als unser Guide mich kurz vor Sonnenuntergang zurück pfiff. Doch auch jeder schöne Tag neigt sich einmal dem Ende. Schließlich lagen noch gute 150 Kilometer quer durch die langgezogene Insel vom Westen in den Osten vor uns, um zurück zu unserer Fähre nach Penneshaw zu kommen.
Raue Schönheit mit Charme
Es folgte eine rund 2-stündige Rückfahrt mit dem Tourbus, die mir nochmal die Größe der Insel vermittelte, die ungefähr siebenmal so groß ist wie die Insel Singapur oder fast fünfmal der Insel Rügen entspricht. Natürlich ist ein Tag zu kurz, um eine derartig große Insel kennenzulernen, doch der erste Einblick hat mich überzeugt.
Ich habe atemberaubend Strände gesehen, gewaltige Klippen, riesige Sanddünen, dichte Wälder und bin verschiedensten ungezähmten Wildtieren nahe gekommen, ohne sie in ihrer natürlichen Umgebung zu stören. Naturschutz ist auf Kangaroo Island real. Die Strände waren leer und die Landschaft atemberaubend. Doch Kangaroo Island steht auch für eine Insel, die auf Ökotourismus – und Landwirtschaft setzt. Über 30 Weinbauer kreieren hier schmackhafte Tropfen und neben handgemachtem Schafskäse, Olivenöl, frischem Fisch & Meeresfrüchten, trifft man auf Kangaroo Island auch auf den letzten reinen Stamm ligurischer Bienen. Diese produzieren nicht nur kostbarsten Honig, dem nachgesagt wird, dass er die Essenz Kangaroo Islands einfängt und nach Meersalz und Eukalyptus schmeckt, sondern die Honigbienen sind so wertvoll, dass jedes Jahr unzählige von ihnen in die ganze Welt verschickt werden.
Ich habe es bei meinem eintägigen Besuch auf der Känguru-Insel nicht mehr geschafft mir ein Gläschen dieses besonderen Honigs zu kaufen, mir war es nicht vergönnt den Wein zu verkosten und als begeisterte Naturliebhaberin und Wanderin fehlte mir eindeutig die Zeit für den 5-tägigen Kangaroo Island Wilderness Trail, dessen 61 Kilometer Wanderweg eine spektakuläre Küstenlandschaft und unberührtes Buschland versprechen.
Doch Kangaroo Island: Ich werde wiederkommen!
Denn die Känguru-Insel ist nicht nur ein wahres Traumziel für Tierbeobachter und Naturfans, sondern hat sich trotz steigender Besucherzahlen etwas sehr authentisches bewahrt; Etwas Unaufgeregtes in sehr aufregender Kulisse. Kangaroo Island wirkte auf mich wie ein Rohdiamant inmitten des Indischen Ozeans, dessen raue Schönheit und Charme man in seiner jetzigen Form bewahren möchte.
Eure Antje
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Bist Du immer noch Down under???
Cool!
Mittlerweile in Asien. Aber Down under natürlich im Herzen 😉 LG Antje
Wie immer machen Deine wunderbaren Beschreibungen und Bilder große Lust zum Reisen.
Danke Dir Tanja! Das freut mich wie immer : ) Lieben Dank und Gruß, Antje
Liebe Antje,
ich wollte dir nur kurz sagen dass du wirklich ganz wundervoll schreibst und du es geschafft hast, mich mit deinen bisherigen Posts voll und ganz für Australien zu begeistern, obwohl ich bis dahin nie die große Faszination für dieses Stückchen Erde verspürt habe 😄 Ich glaube ich kann durch deine Schilderung nun zumindest ein paar Stückchen der Begeisterung vom Down Under nachvollziehen, baldiges Reiseziel steht zumindest fest! 🖒
Vielen Dank und liebe Grüße,
Mimi
Hallo Mimi, vielen Dank deiner lieben Worte. Das freut mich wirklich total zu hören 🙂 !!!
Ich reise unheimlich gern und trotzdem hat auch mich Australien nie so wirklich 100% gereizt. Doch gerade was die Natur, die unglaubliche Landschaft und Tierwelt betrifft, bin ich nun total begeistert! Und hoffe bald noch mehr zu sehen!! Und natürlich hoffe ich, dass dein Reiseziel bestehen bleibt und dich auch überzeugt.
Viele Grüße und danke, dass du dir die Zeit genommen hast, mir zu schreiben 😉
Antje
Margret has lived in Australia for 47 years and has not seen an Echidna and you find one on your first visit haha. Another great review Antje.
Haha!! Thank you!!! I can´t believe that Mick!!! I think you should take Margret asap to KI and pet an Echidna!!! : ) Give her my regards!!!
Toller Artikel! Wieder bekommt man Lust eifach loszufahren 😉
Danke Dir Barbara!! Na wenn du das sagst, dann lass uns die Sachen packen und los 😉
Dann ist es abgemacht !!!! 😉
Where the journey goes again and again behind here,, great (*L*)